Im aufrechten Dienstverhältnis müssen die Vertragspartner die wechselseitigen Interessen wahren, also der Arbeitnehmer die Treupflicht und der Arbeitgeber die Fürsorgepflicht erfüllen. Derartige Pflichten können auch noch nach dem Ende des Dienstverhältnisses fortbestehen, wie eine aktuelle Entscheidung des OGH zeigt: Im Rahmen der nachwirkenden Fürsorgepflicht darf der Arbeitgeber dem beruflichen Fortkommen des Arbeitnehmers nicht im Weg stehen. Sonst droht Schadenersatz.

Es ging um eine Mitarbeiterin, die beim ersten Arbeitgeber vorzeitig austrat, nachdem dieser die zurecht begehrte Überstundenabgeltung verweigerte. Jahre später schloss sie einen Dienstvertrag mit einem neuen Arbeitgeber. Sie sollte als Gruppenabteilungsleiterin arbeiten, wozu – wie es der Zufall wollte – auch die Betreuung ihres ehemaligen Arbeitgebers gehörte. Als dieser davon erfuhr, intervenierte er beim neuen Arbeitgeber: Er wünsche keine Zusammenarbeit mit der Arbeitnehmerin, das Vertrauensverhältnis sei bleibend untergraben. 
Der neue Arbeitgeber konnte keine andere Position für sie finden, sodass sich die beiden einvernehmlich wieder trennten, bevor sie den Dienst noch angetreten hatte. 
Dem folgte eine längere Arbeitslosigkeit der Angestellten. Sie bezog Arbeitslosengeld und Notstandshilfe und wechselte dann in die Selbstständigkeit. Schlussendlich klagte sie ihren ehemaligen Arbeitgeber auf Schadenersatz für entgangene Bezüge in der Zeit ihrer Arbeitslosigkeit – ein für österreichische Verhältnisse sehr kreatives Begehren. 
Der OGH teilte aber ihre Ansicht: Der Arbeitgeber ist auch noch nach dem Ende des Dienstverhältnisses zur Fürsorge verpflichtet. Er muss dafür sorgen, dass dem ehemaligen Mitarbeiter keine Nachteile entstehen. Gegen diese Pflicht verstößt die Ankündigung des früheren Arbeitgebers, die Geschäftsbeziehung mit dem neuen Arbeitgeber einschränken zu wollen, wenn die ehemalige Mitarbeiterin für seine Betreuung zuständig sein sollte. 
Maßgeblich für die Entscheidung war, dass der Arbeitgeber keinen triftigen Grund dafür ins Treffen führen konnte, weshalb er mit der Mitarbeiterin nichts mehr zu tun haben wollte: Dass er wegen der nichtbezahlten Überstunden im Arbeitsgerichtsprozess gegen sie verloren hatte, war sein einzig wahrer Grund – den akzeptierte das Gericht aber nicht als zulässig. Vielmehr bejahte es die Haftung, sodass nur noch über die Höhe des Schadenersatzes zu urteilen war. Der OGH konnte weder vom Argument des ehemaligen Arbeitgebers überzeugt werden, dass die Arbeitnehmerin ja nicht einmal mit einer Verlängerung über das Probemonat hinaus rechnen konnte. Ebenso wenig konnte ihn die Mitarbeiterin überzeugen, dass sie nicht nur das Probemonat, sondern auch die nachfolgende drei-monatige Befristung absolviert und dann in ein unbefristetes Dienstverhältnis gewechselt wäre. Er sprach ihr daher nur den Verdienstentgang für die Dauer der Laufzeit der Befristung zu.
 
Kristina Silberbauer