Europäische Richtlinien verbieten die Überschreitung einer wöchentlichen Arbeitszeit von grundsätzlich 48 Stunden. Der EuGH stellt klar, dass die Verletzung dieses Gebots einen Haftungsanspruch gegen den betreffenden Mitgliedstaat auslöst.                                                                   

Die Mitgliedstaaten haben dafür Sorge zu tragen, dass der Einzelne im Fall des Arbeitszeitverstoßes einen angemessenen Schadenersatz bekommt. Die Geltendmachung des Schadenersatzanspruches darf nicht von einem Antrag auf Einhaltung der Arbeitszeitbestimmungen oder dem Nachweis eines konkreten Verschuldens abhängig gemacht werden.
Ein deutscher Feuerwehrmann beantragte, dass künftig seine Arbeitszeit die Höchstgrenze von durchschnittlich 48 Stunden nicht überschreite. Zudem forderte er für die vergangene Mehrarbeit einen Ausgleich (entweder in Form von Freizeitausgleich oder als Mehrarbeitsvergütung). Sein Arbeitgeber verwehrte ihm dies mit der Argumentation, dass der Anspruch auf Freizeitausgleich von einer Antragstellung abhängig sei. Zwischenzeitig sei der Feuerwehmann aber dienstversetzt worden (dies erfolgte gegen den Willen des Arbeitnehmers). Seit der Antragstellung falle für diesen keine Mehrarbeit mehr an, weshalb sein Anspruch ins Leere zu gehen habe.
Der EuGH hatte sich mit der Frage zu beschäftigen ob die Voraussetzungen für einen Entschädigungsanspruch gegeben sind und ob die Geltendmachung desselben in nationalen Bestimmungen an Bedingungen geknüpft werden darf.
In seinem Urteil kam der EuGH zu dem Ergebnis, dass ein Überschreiten der Arbeitszeit einen qualifizierten Verstoß gegen das Unionsrecht darstellt. Ein derartiger Verstoß sei kausal für den Schaden des Arbeitnehmers.
Interessant ist in dieser Entscheidung, sich ein Dienstgeber laut EuGH seiner Ausgleichsverpflichtung nicht dadurch entziehen könne, dass er auf den Antrag des Arbeitnehmers auf Freizeitausgleich mit einer Dienstplananpassung reagiere. Im Hinblick auf den Grundsatz der Effektivität und dem zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gegebenen Kräfteungleichgewicht solle einem Arbeitnehmer der Rechtszugang nicht unnötig erschwert werden.
Hinsichtlich des konkreten Schadenersatzanspruches könne zwar aus dem Unionsrecht nicht abgeleitet werden, dass einer bestimmten Form der Entschädigung der Vorzug zu geben wäre, jedoch hat, so der EuGH, eine Entschädigung dem erlittenen Schaden angemessen zu sein.
Kristina Silberbauer, 2011
Urteil des europäischen Gerichtshofs (zweite Kammer)
25.11.2010, Rechtssache C  – 429/09