Derzeit werden nur solche Zeiten als Vordienstzeiten anerkannt, die nach Vollendung des 18. Lebensjahres erworben wurden.
Ein Lehrling und seine knapp zwei Jahre ältere Kollegin absolvierten gleichzeitig die Lehre als Chemielabortechniker an der TU Graz. Im anschließenden Dienstverhältnis war sein Monatsgehalt um 23,20 Euro brutto niedriger als ihres. Grund: Nach § 26 Vertragsbedienstetengesetz (VBG) werden nur solche Zeiten als Vordienstzeiten anerkannt, die nach Vollendung des 18. Lebensjahres erworben wurden. Sie war bei Lehrbeginn knapp 17, er erst 15 Jahre alt. Sie konnte in der Lehre daher mehr Vordienstzeiten erwerben.
Der Lehrling klagte die Bezugsdifferenz wegen Altersdiskriminierung zunächst erfolgreich ein. Der Oberste Gerichtshof (9 ObA 34/07a vom 07.2.2008) unterbrach allerdings das Verfahren, weil er vom Europäischen Gerichtshof wissen will: Verlangt die Rahmen-Gleichbehandlungsrichtlinie, dass auch Vordienstzeiten vor dem 18. Geburtstag angerechnet werden?
Der OGH überlegt Rechtfertigungsgründe für die finanzielle Ungleichbehandlung minderjähriger Lehrlinge. Mögliche Einwände: Wer erst nach der Matura arbeitet, würde durch die Anrechnung der Lehrzeit von Jugendlichen nicht benachteiligt – diese haben bis zur Volljährigkeit bereits berufsspezifische Kenntnisse erlangt. Auch würde kaum ein Schüler, dem die Matura möglich ist, durch die Anrechnung von Berufserfahrungen vor 18 zum Schulabbruch verleitet.
Fragwürdig ist zudem das mögliche Ziel der bestehenden Regel, junge Menschen, die erst mit 18 ihre Berufswahl treffen können, vor Benachteiligungen gegenüber früh Entschlossenen zu schützen. Eine spätere Berufswahl sollte arbeitsmarkt- oder bildungspolitisch nicht mehr wert sein als eine frühere. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 2.4.2008)