Der Oberste Gerichtshof geht in einer aktuellen Entscheidung davon aus, dass neben dem Personalbereitsteller auch dessen Kunde Arbeitgeber des Leiharbeiters werden kann.
Wer Leasingpersonal beschäftigt, sollte mit diesem daher keine Zusatzvereinbarungen treffen.
Knapp 70.000 Arbeitnehmer waren 2007 in Österreich als Leihpersonal beschäftigt. Damit überschritt ihr Anteil an allen unselbstständig Erwerbstätigen erstmals zwei Prozent. Während Leiharbeitnehmer noch vor wenigen Jahren vorwiegend kurzfristig eingesetzt wurden, rückt die langfristige Überlassung immer stärker in den Vordergrund. Von den überlassenen Angestellten bleiben bereits mehr als 50 Prozent über ein Jahr beim Beschäftiger. Mit Personalleasing wollen Unternehmen Personalengpässe überbrücken oder rasch qualifiziertes Personal finden.
Charakteristisch für die Arbeitskräfteüberlassung ist die Dreiecksbeziehung zwischen dem Personalbereitsteller („Überlasser“), seinem Kunden („Beschäftiger“) und der überlassenen Arbeitskraft. Sie kommt durch zwei getrennte Verträge zustande: der Überlasser schließt mit dem Beschäftiger einen Überlassungsvertrag. Darin verpflichtet sich Ersterer, dem Kunden einen arbeitsbereiten Mitarbeiter mit durchschnittlicher beruflicher oder fachlicher Qualifikation zum Zweck der Arbeitsleistung bereitzustellen. Zwischen der Arbeitkraft und dem Überlasser besteht ein Arbeitsvertrag. Das Gehalt bezahlt daher der Überlasser, der wiederum vom Kunden Überlassungshonorar erhält.
Der Zeitarbeiter erbringt seine Dienstleistungen im Betrieb des Beschäftigers. Dabei ist er in dessen Organisation eingegliedert und unterliegt auch seinen Weisungen. Der Beschäftiger ist verpflichtet, für die überlassene Arbeitskraft Arbeitnehmerschutz und Fürsorgepflichten einzuhalten. Dennoch wird er nicht neuer oder gar zweiter Arbeitgeber – auch nicht bei mehrjähriger Überlassung.
Unmittelbare Ansprüche
Der Oberste Gerichtshof schließt aber nicht aus, dass zwischen Zeitarbeiter und Beschäftiger ausnahmsweise ein Vertragsverhältnis zustande kommen kann. Bei entsprechender Vereinbarung kann die Arbeitskraft einzelne Ansprüche unmittelbar gegen den Beschäftiger erlangen, etwa auf Bezahlung einer Zulage für zusätzlich geleistete Arbeiten (9 ObA 125/07h vom 19. 12. 2007).
Kürzlich bejahte der OGH sogar die Möglichkeit, dass durch Personalleasing ein Doppelarbeitsverhältnis zustande kommt, die Arbeitskraft also sowohl mit dem Überlasser als auch mit dem Beschäftiger in einem Arbeitsverhältnis steht (9 ObA 2/08x vom 7.2.2008).
Kernthema des Rechtsstreits war die Frage, ob mit der Auflösung des Überlassungsvertrags der Einsatz einer Abteilungsleiterin im Betrieb des Beschäftigers automatisch endet. Der Beschäftiger ging zu Unrecht davon aus: er hatte mit der überlassenen Angestellten nämlich einen „Dienstvertrag“ geschlossen. Dieser enthielt zwar ausdrückliche Hinweise auf den Überlassungsvertrag, nicht aber an den für den OGH relevanten Stellen. In den Kapiteln mit der Funktionsbeschreibung, der Entgelt-Erwähnung und vor allem über die Beendigung des Dienstverhältnisses fehlte eine Bezugnahme auf den Überlassungsvertrag.
Zusätzlicher Arbeitsvertrag
Daraus schloss der OGH, dass die Abteilungsleiterin mit dem Beschäftiger einen weiteren Arbeitsvertrag (zusätzlich zu jenem mit dem Überlasser) geschlossen hat. Den hätte der Beschäftiger separat kündigen müssen. Trotz Auflösung des Überlassungsvertrags blieb die überlassene Arbeitskraft Arbeitnehmerin des Beschäftigers.
Bei Zusatzvereinbarungen mit Leihpersonal ist daher Vorsicht angebracht: Der Beschäftiger sollte alles vermeiden, was bei der überlassenen Arbeitskraft den Eindruck einer direkten Vertragsbeziehung erwecken könnte. Deutliche Hinweise, dass durch eine freiwillige Zahlung oder eine Anweisung kein Dienstverhältnis entsteht, sind hilfreich. Im Zweifel sollte der Beschäftiger nicht nur den Überlassungsvertrag, sondern auch ein allfälliges Arbeitsverhältnis mit dem Leihpersonal rechtzeitig beendigen. (Kristina Silberbauer, DER STANDARD, Printausgabe, 09.04.2008)