Derzeit arbeiten so viele Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen wie noch nie im Homeoffice. Ihre Arbeitgeber sind aufgrund der räumlichen Distanz nur eingeschränkt in der Lage, die Einhaltung der Arbeitszeiten zu kontrollieren. Eine aktuelle OGH-Entscheidung (OGH 23.2.2021, 8 ObA 116/20x) verdeutlicht, dass Arbeitszeiterfassungen dennoch der Wahrheit entsprechen müssen.

Eine angestellte Pharmareferentin im Außendienst bezog ein All-in-Gehalt und hatte zwar keine Zeitvorgaben, wohl aber Leistungsziele – nämlich die Absolvierung einer Mindestzahl an Arztbesuchen – einzuhalten. Mindestens einmal wöchentlich musste sie einen Leistungsnachweis erbringen, und zwar einen Besuchsbericht über persönliche Arztkontakte.

Ballkleid statt Arzt

In einem solchen Nachweis gab sie an, am 16. Jänner 2019 sechs Ärzte und am Tag darauf weitere fünf Ärzte und eine Mitarbeiterin einer Apotheke besucht zu haben. Tatsächlich hatte sie aber an diesen Tagen keine einzige dieser Personen getroffen oder auch nur mit ihnen telefoniert. Vielmehr genoss sie ihre Freizeit: In den für die „Besuche“ angegebenen Zeiten kaufte sie ein Ballkleid, ging ins Solarium und zur Änderungsschneiderei. Ein Detektiv brachte die Wahrheit ans Tageslicht, es folgte die Entlassung.

Im Rechtsstreit wegen über 100.000 Euro brutto bestritt sie das Vorliegen eines Entlassungsgrundes – sie habe ja laut Vereinbarung keine Arbeitszeiten, sondern nur eine Zielerreichung geschuldet. Damit überzeugte sie keine der Instanzen.

Denn auch wenn sie keine konkreten Arbeitszeiten einzuhalten hatte, täuschte sie Arbeitsleistungen vor. Sie wollte ihren Arbeitgeber glauben machen, dass sie den Besuchsplan „abarbeite“. Dieses Verhalten war durchaus geeignet, ihr ein Entgelt ohne entsprechende Gegenleistungen zu verschaffen.

Mehr als bloße Unkorrektheit

Der Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit ist erfüllt, zumal sie eine Außendienstmitarbeiterin war, bei der die Einhaltung der Arbeitszeiten nicht einfach überprüft werden kann. Daher war ihr Arbeitgeber in besonderem Maße auf die Richtigkeit ihrer Berichte angewiesen. Die dienstliche Irreführung des Arbeitgebers kann nicht mehr als bloße Unkorrektheit angesehen werden.

Das Vortäuschen von Arbeitsleistungen ist kein Kavaliersdelikt. Falsche Arbeitszeitangaben können zur Entlassung führen, im Extremfall sogar ein Strafverfahren nach sich ziehen. (Kristina Silberbauer, 2.6.2021)

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