In einem aktuellen Verfahren stritten sich die Vertragspartner wieder einmal, ob ein Arbeitsvertrag, einer freier Dienstvertrag oder ein Werkvertrag vorlag.

 Der Oberste Gerichtshof wiederholte, dass beim echten Arbeitsvertrag die persönliche Abhängigkeit des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber im Vordergrund steht.
Die Vereinbarung einer generellen Vertretungsbefugnis – die oft als Unterscheidungskriterium angeführt wird – spricht nur dann gegen die persönliche Abhängigkeit und Arbeitnehmereigenschaft, wenn das Vertretungsrecht tatsächlich genutzt wird oder bei objektiver Betrachtung zu erwarten ist, dass eine solche Nutzung erfolgt.
Dies ist allerdings im gegebenen Fall nicht geschehen: Die Klägerin war rund vier Jahre beschäftigt – nützte aber ihr Vertretungsrecht kein einziges Mal und faktisch war ihr das auch nicht möglich.
Außerdem hatte sich die Klägerin an die einmal getroffene Diensteinteilung zu halten, sie hatte zu Beginn ihrer Schicht in der Filiale zu erscheinen und sich im EDV-System anzumelden. Erschien sie unentschuldigt nicht, so wurde das mit Entgeltabzügen sanktioniert. Gönnte sie sich während ihrer Arbeitszeit eine Pause, hatte auch das einen Entgeltverlust zur Folge. Nach ihrer Schicht musste sie wieder in die Filiale zurückkehren, tat sie das nicht, hatte sie mit einer Ermahnung und der Auflösung ihres Vertrages zu rechnen. Außerdem gab es Anordnungen des Filialleiters, die sie zu befolgen hatte.
Vor diesem Hintergrund bestätigte der OGH die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts, dass die Klägerin in den Betrieb der Beklagten fast vollständig organisatorisch eingegliedert wurde und dass es sich deshalb um einen echten Arbeitsvertrag handle.
Bei der Einordnung als freier Dienstnehmer ist also immer Vorsicht geboten. Selbst wenn sich die Vertragsparteien bei Vertragsabschluss darüber einig sind, dass die persönliche Abhängigkeit eines Arbeitnehmers nicht gewollt ist, so sieht das der Oberste Gerichtshof freilich oft anders.
Claudia Simon/Kristina Silberbauer, 2011-05-03
8 ObA 49/10d, OGH am 22.03.2011