In seiner Entscheidung vom 29.06.2022 zu 8 ObA 50/22v bleibt der Oberste Gerichtshof (OGH) bei seiner bisherigen Judikatur: Kundenschutzklauseln unterliegen denselben strengen Beschränkungen wie Vereinbarungen eines nachvertraglichen Konkurrenzverbots. Keine gute Nachricht für Unternehmen.

Um ihren Kundenstock zu schützen, vereinbarte eine Immobilienmaklerin mit ihrer Angestellten, dass diese im Jahr nach Vertragsende keine Objekte, Abgeber oder Interessenten, mit denen sie im Laufe des Dienstverhältnisses im geschäftlichen Kontakt stand, weiter betreuen, abwerben oder einem Dritten zuführen darf. Für jeden Verstoß gegen diese Klausel war eine Konventionalstrafe in der Höhe von 5.000 Euro vereinbart.

Nach dem Ende der Zusammenarbeit verletzte die ehemalige Mitarbeiterin nach dem Vorbringen der Immobilienmaklerin diese Klausel in drei Fällen. Diese klagte sie auf Zahlung von 15.000 Euro. In keiner der drei Instanzen konnte die ehemalige Arbeitgeberin ihren Rechtsstandpunkt durchsetzen.

Kundenschutzklausel ist gleich Konkurrenzverbot

Eine Kundenschutzklausel wie die vorliegende soll einerseits das Abwerben des bestehenden Kundenkreises verhindern. Andererseits schränkt sie die Angestellten nach dem Ende des Dienstverhältnisses in ihrer Erwerbstätigkeit ein: Sie können die während der Beschäftigung rechtmäßig gewonnenen Informationen und Kenntnisse nicht umfassend einsetzen. Daher werden Kundenschutzklauseln von der ständigen Rechtsprechung als Konkurrenzklauseln (im Sinne des § 36 AngG) behandelt.

Das Argument der Gegenseite, ein Abwerbeverbot hindere einen Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin lediglich daran, auf die früheren Kundinnen und Kunden zurückzugreifen, nicht aber – wie eine Konkurrenzklausel – an einer späteren Berufstätigkeit in derselben Branche, ließ der OGH nicht gelten.

Abwerben notwendig für vollen Einsatz

Wer einer Kundenschutzklausel unterliegt und das bei einer späteren Bewerbung offenlegt, habe seiner Ansicht nach schlechtere Karten, weil der zukünftige Dienstgeber damit rechnen müsse, die Bewerberin „nicht voll einsetzen zu können“. Außerdem sei die Erwerbstätigkeit deshalb durch die Kundenschutzklausel beschränkt, weil auch Kundinnen und Kunden, die von sich aus „mitgehen“ wollen, abgelehnt werden müssten.

Was ist nun die Konsequenz? Genau wie das nachvertragliche Konkurrenzverbot gilt die Kundenschutzklausel (unter anderem) erst ab einer gewissen Entgelthöhe. Wer zuletzt maximal die zwanzigfache tägliche ASVG-Höchstbeitragsgrundlage (Wert 2022: 3.780 Euro brutto) verdiente, muss sie nicht einhalten. (Für vor dem 29.12.2015 geschlossene Arbeitsverträge gilt eine abweichende beziehungsweise keine Grenze.) Die berufliche Mobilität niedriger entlohnter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer solle laut OGH weder durch ein nachvertragliches Konkurrenzverbot noch durch eine Kundenschutzklausel unverhältnismäßig eingeschränkt werden.

Unbefriedigendes Ergebnis

Leider bewertet der OGH damit das Interesse einer Unternehmerin, ihren Kundenstock nicht (gleich) an Mitarbeitende zu verlieren, weiterhin äußerst gering, obwohl der Kundenstock in anderen Rechtsgebieten (zum Beispiel Unternehmens-, Steuer-, Wettbewerbsrecht) als wesentlicher Teil des Unternehmenswertes gilt. Dagegen schützt die Judikatur das Interesse eines Bewerbers, sich mit dem möglichen Mitnehmen fremder Kundinnen und Kunden zu schmücken – was ethisch zu hinterfragen wäre. Zusätzlich muss der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin im Einzelfall nicht einmal beweisen, dass er bei Einhaltung der Klausel keinen Job hätte finden können: Wenn die geforderte Entgeltgrenze nicht erreicht wird, ist die Klausel unwirksam – selbst wenn sie den „vollen Einsatz“ der Mitarbeiterin am neuen Arbeitsplatz gar nicht beeinträchtigt.

Die gesetzliche Einschränkung nachvertraglicher Konkurrenzverbote ist gerechtfertigt: Eine Branchensperre für ein Jahr erschwert die Jobsuche in aller Regel deutlich, was sich besonders Schlechterverdienende schwer leisten können. Die Situation ist aber nicht vergleichbar mit einer Vereinbarung, die einen Wechsel innerhalb der Branche zulässt und nur das Abwerben fremder Kundinnen und Kunden verhindern will. (Kristina Silberbauer, 29.8.2022)

https://www.derstandard.at/story/2000138500207/kundenschutz-schwer-gemacht