Auch Strandbäder können zur arbeitsrechtlichen Streitfrage werden – vor allem beim Verkauf und möglichen Mitspracherechten des Betriebsrats
In einer aktuellen Entscheidung stellt der Oberste Gerichtshof (OGH 26.05.2025 8 ObA 14/25d) klar, wann eine betriebs- oder unternehmenseigene Wohlfahrtseinrichtung vorliegt, und der Betriebsrat bzw. die Konzernvertretung das Recht hat, gegen ihre Auflösung gerichtlich vorzugehen.
Auslöser für den Rechtsstreit war der Plan des Unternehmens, die Seeuferfläche, auf der sich auch das Strandbad befindet, zu verkaufen, wobei ein Großteil der Fläche später der Öffentlichkeit gratis zur Verfügung stehen soll. Geklagt hat die Konzernvertretung der Arbeitnehmer des Konzerns, und zwar auf Unterlassung ebendieser Maßnahme.
Das Strandbad befindet sich auf einer Seeliegenschaft im Eigentum des Unternehmens und durfte – gegen jederzeitigen Widerruf – von der Gewerkschaft auf Basis eines „Gestattungsvertrages“ seit den 1960-er Jahren benutzt werden. Sie muss dafür nur einen Anerkennungszins bezahlen, den das Unternehmen allerdings jederzeit neu festsetzen darf. Dieses leistete keinen finanziellen oder sonstigen Beitrag zum Strandbadbetrieb.
Welches Interesse überwiegt?
Die Gewerkschaft ließ einen Steg errichten, pflanzte Bäume, stellte Bänke und WC-Anlagen auf, reinigte das Bad. Sie erließ die Badeordnung und Sicherheitsvorschriften. Vier Gewerkschaftsmitglieder betreiben es – allesamt ehemalige Bedienstete des Unternehmens. Das Bad fasst 300 Badegäste und wird vorwiegend von Gewerkschaftsmitgliedern genutzt. Es steht somit nicht primär dem Personal des Unternehmens zur Verfügung. Eine Betriebsvereinbarung über dieses Strandbad als Wohlfahrtseinrichtung wurde nicht geschlossen.
Die klagende Konzernvertretung behauptete, dass es sich um eine Wohlfahrtseinrichtung handle, zu deren Errichtungs- und Erhaltungsaufwand die Arbeitnehmer über Generationen erheblich beigetragen hätten. Das Interesse der Arbeitnehmer, dort ihre Freizeit zu verbringen und sich zu erholen, überwiege die Konzerninteressen am Verkauf.
Dagegen argumentierte das Unternehmen: Nicht der Konzernbelegschaft, sondern dem ÖGB sei das Nutzungsrecht eingeräumt worden. Außerdem stehe das Strandbad nicht in seiner Verfügungsmacht, es habe nämlich keinen Einfluss auf Verwaltung, Erhaltung oder Organisation. Somit liege keine unternehmenseigene Wohlfahrtseinrichtung vor.
Keine Wohlfahrtseinrichtung
Dazu der OGH: Wohlfahrtseinrichtungen können unterschiedlicher Art sein. Ob Kantinen, Betriebskindergärten, Pendlerbusse oder Betriebszahnärzte – sie alle kommen als Wohlfahrtseinrichtung infrage. Sie müssen „der sozialen Sicherheit der Arbeitnehmer und ihrer Familien oder ihren wirtschaftlichen, sozialen, gesundheitlichen und kulturellen Interessen“ dienen, auf Dauer angelegt sein und ein Mindestmaß an Institutionalisierung und Organisation aufweisen. All diese Voraussetzungen erfüllt das streitgegenständliche Strandbad.
Nach § 95 Abs 1 ArbVG ist der Betriebsrat berechtigt, an der Verwaltung von „betriebs- oder unternehmenseigenen“ Wohlfahrtseinrichtungen teilzunehmen, wobei Art und Umfang der Teilnahme durch Betriebsvereinbarung zu regeln sind. In bestimmten Fällen kann er die Auflösung einer Wohlfahrtseinrichtung bei Gericht anfechten, etwa wenn die Arbeitnehmer zu ihrem Errichtungs- und Erhaltungsaufwand erheblich beigetragen haben und die Auflösung unter Abwägung der Interessen der Arbeitnehmer und des Betriebs nicht gerechtfertigt ist.
Die Konzernvertretung scheiterte in allen Instanzen, und zwar letztlich daran, dass das Strandbad nicht „betriebs- oder unternehmenseigen“ war. Dafür hätte das Unternehmen zwar nicht unbedingt Eigentümer des Standbades sein müssen, aber immerhin „aufgrund einer rechtlichen oder faktischen Verfügungsgewalt“ „maßgeblichen Einfluss auf seine Geschäfte und Funktionsweise“ haben. Weil aber die Gewerkschaft das Bad errichtet hatte, es erhielt und betrieb, fehlte es für die Beurteilung als Wohlfahrtseinrichtung – deren Auflösung der Betriebsrat bzw. die Konzernvertretung bekämpfen könnte – an ebendiesem Einfluss.
Werden die Konzernpläne wirklich umgesetzt, müssen Gewerkschaftsmitglieder, Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen „ihr“ Bad wohl mit zahlreichen anderen teilen. Die Entscheidung zeigt, dass noch keine Wohlfahrtseinrichtung (mit Einfluss des Betriebsrats) entsteht, wenn lediglich eine Liegenschaft zur Verfügung gestellt wird. (Kristina Silberbauer, 26.6.2025)
Wenn das Gewerkschaftsbad zum Streitfall wird – Blog: Klartext Arbeitsrecht – derStandard.at › Recht