Gleich zweimal befasste sich der Oberste Gerichtshof (OGH) mit dem Fall eines Expedit-Mitarbeiters, der den Verlust der begehrten „Montagfrühblatt-Schichten“ nicht hinnehmen wollte. Dabei ging es um gut dotierte Arbeit an Sonn- und Feiertagen für die nach einem Sonn- oder Feiertag erscheinenden Zeitungsausgaben. Im Vorverfahren (OGH 22.01.2020, 9 Ob 125/19a) wurde geklärt, dass diese Schicht nicht zur Normalarbeitszeit gehört, sodass der Arbeitgeber die Einteilung zu dieser Schicht nicht schon aufgrund des Arbeitsvertrags schuldet. In der aktuellen Entscheidung (OGH 17.02.2022, 9 Ob 152/21z) ging es darum, ob der Mitarbeiter Anspruch auf die gewünschten Einsätze hat, weil ihm diese Überstunden schlüssig zugesagt wurden beziehungsweise aus der jahrelangen Praxis eine Betriebsübung entstanden ist.

Streichung von Zusatzschichten

Tatsächlich leistete der Arbeiter seit Beginn seines Arbeitsverhältnisses die Montagfrühblatt-Schicht an Sonn- und Feiertagen. So blieb es über 17 Jahre, bis das System 2018 umgestellt wurde: Ab da vergab das Unternehmen die beliebten Dienste in alphabetischer Reihenfolge an alle Nacht-Stammarbeiter, sodass der Kläger nicht mehr jedes Mal zum Zug kam. Ein herber Verlust – immerhin wurde die dreistündige Schicht mit einem Entgelt von fast 300 Euro brutto entlohnt. Dazu kam ein Zeitausgleich von jeweils 5,5 Stunden.

Empfängerhorizont

Der OGH hatte zu entscheiden, ob der Kläger aufgrund der langjährigen Praxis einen Anspruch darauf erlangt hat, dauerhaft zu den lukrativen Schichten eingeteilt zu werden. Ein solcher Anspruch muss nicht im Arbeitsvertrag festgehalten sein. Er kann sich „by doing“ (durch schlüssige Einzelvereinbarung beziehungsweise bei genereller Praxis durch Betriebsübung) ergeben. In beiden Fällen ist maßgeblich, ob sich der Arbeitgeber – nach dem redlichen Verständnis des Mitarbeitenden – für die Zukunft verpflichten wollte.

Im vorliegenden Fall waren die Montagfrühblatt-Schichten ein heißes Thema im Betrieb. Es gab dazu sogar Vereinbarungen mit dem Betriebsrat, der den betroffenen Kolleginnen und Kollegen auch immer wieder kommunizierte, dass es „bei den Alten bleibt, wie es ist“. Dies, obwohl das Unternehmen den Betriebsräten immer wieder klar gemacht hatte, dass auch die Alt-Stammarbeiter keinen Rechtsanspruch auf Einteilung zu diesen Schichten haben.

Kein berechtigtes Vertrauen

Aus Sicht des OGH begründeten weder die Vereinbarungen mit dem Betriebsrat, noch dessen Beteuerungen gegenüber der Belegschaft ein berechtigtes Vertrauen, dass die Zuteilung wie immer bleiben wird. Die eine Vereinbarung betraf nämlich nur namentlich genannte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (nicht jedoch den Kläger). In der anderen war explizit festgehalten, dass die Zuteilung der begehrten Dienste bei der Änderung des Personalstands oder der Auslastung nichtig sei. Dass gegenteilige Zusagen eines Betriebsrats den Arbeitgeber nicht verpflichten können, setzte der OGH als selbstverständlich voraus. Die Klage des Expedit-Mitarbeiters wurde in allen drei Instanzen abgewiesen. (Kristina Silberbauer, 11.5.2022)

https://www.derstandard.at/story/2000135555202/kampf-um-ueberstunden