Esoterik-Anbieter verstoßen laut OGH dann gegen das Wettbewerbsrecht, wenn sie den Eindruck vermitteln, sie könnten den Arzt ersetzen.

Gleich zweimal beschäftigte sich der Oberste Gerichtshof (OGH) in jüngster Zeit mit alternativen Behandlungsmethoden. In einem Fall ging die Ärztekammer Oberösterreich gegen eine „Energiebehandlerin“ vor (ÖBl 2004/3 vom 23. 9. 2003), im anderen stand eine „Bachblütenpraxis“ vor dem Kadi (4 Ob 19/04d vom 10. 2. 2004, siehe www.ris.bka.gv.at/jus ). Rechtliche Grundlage für die Prozesse war § 1 UWG (Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb), das Wirtschaftstreibende gegen Konkurrenten vorgehen lässt, die mit Gesetzesverstößen objektiv und beabsichtigt einen Wettbewerbsvorteil erlangen – etwa das Offenhalten eines Geschäfts entgegen der Ladenöffnungszeiten.
In den beiden Fällen spielte auch das Ärztegesetz eine Rolle: § 2 Abs 2 behält Ärzten Tätigkeiten vor, die am oder für den Menschen ausgeführt werden und auf medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen. Knackpunkt war, ob die Beklagten gegen den Ärztevorbehalt verstoßen.
Die Energiebehandlerin bot in ihrem Institut für Geist- und Naturheilung Aurainterpretationen an. Dabei teilte sie den von der Klägerin eingesetzten Detektiven allerdings mit, dass diese keine medizinische Behandlung darstelle und sie keine Diagnosen und Therapien im medizinischen Sinn anbiete. Auf einem Anschlag verwies sie auf die religiöse Natur der Behandlung und die Notwendigkeit, mit der Schulmedizin zusammenzuarbeiten. Dank dieser peniblen Aufklärung war es für den OGH klar, dass kein Kunde diese Behandlung als Ersatz für einen Arztbesuch auffasst. Gerade der Eindruck des „Ratsuchenden“ vom Verhalten des Nichtarztes sei maßgeblich: Wer als Nichtarzt Untersuchungen vornimmt, um Auskünfte über das Vorliegen von Krankheiten zu erteilen, erweckt den Anschein, ein Arztbesuch sei entbehrlich und handelt damit zulasten der Ärzte. Dies traf auf die Energiebehandlerin nicht zu.
Weniger glimpflich ging das Verfahren für die Bachblütenpraktikerin aus. Ihr wurde zum Verhängnis, der sie der Testperson homöopathische Präparate mit detaillierter Dosierung verschrieb. Außerdem bewarb sie ein Seminar für Grundkenntnisse, „um im Fall leichter Erkrankungen rasch und wirkungsvoll mit unschädlichen Mitteln zu helfen“. Dies, so der OGH, verstoße gegen den Ärztevorbehalt und § 1 UWG. Wie so oft im Wettbewerbsrecht kommt es auch bei Nichtärzten auf den Gesamteindruck an. (Kristina Silberbauer, DER STANDARD, Printausgabe, 01.06.2004)