Wann Ex-Mitarbeiter:innen Anspruch auf Provision haben – und wann nicht

Über Provisionen wurde schon viel gestritten, vor allem solche, die nach dem Dienstvertragsende weiter gebühren. Entscheidend ist dabei, was der Kollektivvertrag und die Provisionsvereinbarung vorsehen. Viele Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs (OGH) betreffen die Versicherungsbranche, für die die sogenannte „Nachprovision“ allerdings im Kollektivvertrag geregelt wird. In einer aktuellen Entscheidung (9 Oba 18/25z vom 17.07.2025) hatte der OGH zu klären, ob ein Vertrag sittenwidrig ist, der die Provision mit dem Dienstvertragsende befristet, wenn der Kollektivvertrag zu dem Thema schweigt.

Der Fall betraf ein Unternehmen, das Tablets samt Software für die Gästekommunikation an Hotels vertreibt. Es kündigte eine Vertriebsmitarbeiterin, die ein Monatsgehalt von über Euro 7.400 brutto und einen Quartalsbonus von Euro 2.500 brutto bezog. Dazu kam noch eine erfolgsabhängige Provision, die sich zu je 50 Prozent aus einer Abschluss- und einer Bestandskundenpflege-Provision zusammensetzte. Die Abschlussprovision war laut Vertrag die Belohnung für die erfolgreiche Kundenakquise. Die Bestandskundenpflege hingegen diente der permanenten Sicherstellung der Kundenzufriedenheit.

Mit dem letzten Vertragstag stellte das Unternehmen die Provisionszahlungen ein. Dagegen wehrte sich die Klägerin: Sie will auch als Ex-Mitarbeiterin weiterhin die Bestandskundenpflege-Provision kassieren.

Sittenwidrige Provisionsvereinbarung?

Dabei richtete sie sich gegen den geschlossenen Vertrag, wonach dieser Teil der Provision nur so lange gebühre, als sich „der Vertriebsmitarbeiter während der vereinbarten ersten Vertragslaufzeit aktiv dieser Bestandskundenpflege widmet.“ Verlässt der Mitarbeiter „das Unternehmen vor Ablauf dieser Vertragslaufzeit oder kommt er der Bestandskundenpflege nicht in ausreichendem Maße nach (Kontaktaufnahme per Telefon alle sechs Monate) erlischt der auf die Bestandskundenpflege gerichtete Provisionsanspruch.“ Diese Vereinbarung gelte laut Klägerin nicht, sie sei nämlich sittenwidrig. Auf den anwendbaren IT-Kollektivvertrag konnte sie sich nicht berufen; er verschafft keinen Anspruch auf Provisionen (und folglich erst recht keinen für die Zeit nach der Vertragsbeendigung).

Keine Belohnung ohne Bestandskundenpflege

Die Außendienstmitarbeiterin gewann, aber nur in erster Instanz. Sowohl das Berufungsgericht als auch der OGH beurteilten die getroffene Provisionsvereinbarung als wirksam. Sie verstößt weder gegen das Angestelltengesetz noch gegen den IT-KV (weil der dazu nämlich gar nichts vorschreibt). Auch die guten Sitten werden nicht tangiert: Sittenwidrig wäre es, wenn ein Arbeitnehmer im Voraus auf sämtliche Nachprovisionen verzichtet, wodurch seine Kündigungsmöglichkeit unverhältnismäßig beschränkt oder dem Arbeitgeber ermöglicht wird, sich die Bezahlung durch einseitige grundlose Vertragsbeendigung zu ersparen. Der Arbeitgeber soll den Vorteil aus den abgeschlossenen Geschäften nicht erhalten, ohne dafür eine Vergütung leisten zu müssen. Im vorliegenden Fall war es aber gerade anders: Indem das Unternehmen die „Abschlussprovisionen“ bezahlte, leistete es die vereinbarte Vergütung für seinen Vorteil aus dem abgeschlossenen Geschäft. Die „Bestandskundenpflege“ hatte es hingegen nur so lange zu entlohnen, wie die Klägerin sie tatsächlich leistete – als nur bis zum Ausscheiden aus dem Unternehmen.

Konkludente Vertragsänderung

Der Klägerin bleibt allerdings noch ein letzter Hoffnungsschimmer: Sie hatte zusätzlich argumentiert, dass in der Praxis von der Provisionsvereinbarung abgewichen worden sei, indem ihr die „Bestandskundenpflege-Provision“ regelmäßig und vorbehaltlos unabhängig von einer tatsächlichen „Bestandskundenpflege“ ausgezahlt wurde. Wenn das stimmt – wozu das Verfahren vom Erstgericht noch ergänzt werden muss – handelt es sich auch bei diesem Teil der Provision in Wahrheit um eine „Abschlussprovision“. Ihre Einstellung mit Vertragsende wäre laut OGH sittenwidrig, weil die Klägerin ohne sachliche Rechtfertigung aufgrund des Vertragsabschlusses mit dem Kunden verdientes Entgelt verlöre. (Kristina Silberbauer, 18.08.25)

Job adé – Provision auch? – Blog: Klartext Arbeitsrecht – derStandard.at › Recht