Bis 17.12.2021 hätte Österreich die „Richtlinie zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden“ – auch Whistleblower-Richtlinie genannt –, in nationales Recht umsetzen müssen. Tatsächlich liegt erst ein Entwurf für das HinweisgeberInnenschutzgesetz vor. Nachdem die Europäische Kommission bereits ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich eingeleitet hat, sollte es 2023 mit dem Gesetz ernst werden. Der Ministerialentwurf schützt einerseits Hinweisgeber:innen vor Rechtsnachteilen (Schutz der Identität, Kündigung et cetera); andererseits sollen ungerechtfertigte Verdächtigungen hintangehalten werden.

Außerdem sind interne Meldestellen in Unternehmen ab 50 Beschäftigten einzurichten, wobei keine konkrete Technik vorgegeben ist. Ab Inkrafttreten soll dafür eine Übergangsfrist von sechs Monaten gelten. Der Schutzkreis ist weit und umfasst Arbeitnehmer, Arbeitnehmerähnliche und freie Dienstnehmerinnen sowie diese unterstützende Arbeitskollegen. Auch auf den Inhalt der Meldung kommt es an. Erfasst sind beispielsweise aufgezeigte Verstöße wie Korruption, Produktsicherheitsverletzungen oder Umweltgefährdungen. Empfindliche Verwaltungsstrafen drohen, wenn Whistleblowing verhindert wird oder Vergeltungsmaßnahmen nach sich zieht. Für Unternehmen mit weniger als 250 Beschäftigten sollen einige Kernbestimmungen hingegen erst ab 18.12.2023 gelten.

Gegen den Personalmangel

Einige neue Rechtsvorschriften sollen dem Arbeitskräftemangel entgegenwirken: So können die neu geschaffenen „arbeitsmedizinischen Fachdienste“ unter Leitung der Arbeitsmediziner bis zu 30 Prozent der jährlichen arbeitsmedizinischen Präventionszeit abdecken (§ 82c ASchG). Auch sind sie zu arbeitsmedizinischen Begehungen in kleineren Bürobetrieben befugt. Voraussetzung sind einschlägige Berufserfahrung und Ausbildung. Vor allem Angehörige des gehobenen Dienstes für die Gesundheits- und Krankenpflege können dem „Afa“ angehören.

Der Zugang zu bestimmten Gesundheitsberufen wie etwa (Zahn-)Ärztinnen, Tierärzten, Apothekerinnen wurde für Personen mit Berufsqualifikation aus der EU, dem EWR oder der Schweiz mit dem „EU-BAG-GB“ gelockert. Möglich ist nun der „partielle Zugang zu einer eingeschränkten Ausübung“ des jeweiligen Berufs, selbstständig wie unselbstständig.

Leichterer Zugang zum Jobmarkt

Mit einer Reihe von Änderungen vor allem des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (BGBl. I Nr. 106/2022) sollen qualifizierte Arbeitskräfte aus Drittstaaten leichteren Zugang zum Arbeitsmarkt erlangen. So wurden die strenge Verknüpfung von Qualifikation und Berufserfahrung im Punktesystem für die Rot-Weiß-Rot-Karte gelockert, die Mindestentlohnung für sonstige Schlüsselkräfte herabgesetzt und die Möglichkeit einer Beschäftigungsbewilligung für bestimmte Spezialisten in befristeten Projekten geschaffen.

Auch bei den Strafdrohungen kam es kürzlich zu Erleichterungen (§ 3 Abs. 8): Während bislang die wiederholte unerlaubte Beschäftigung von ausländischen Personen automatisch zu einer einjährigen Sperre für weitere Bewilligungen (sowohl für den Arbeitgeber als auch für den Ausländer) führte, entscheidet künftig das AMS nach Ermessen, sodass diese harte Konsequenz nach Art und Dauer der Verfehlung sowie Verschuldensgrad differenziert angewandt werden kann.

Neuerungen bei Urlaub

Infolge des EuGH-Urteils vom 25.11.2021 wurde § 10 Urlaubsgesetz geändert, sodass künftig bei einem unberechtigten vorzeitigen Austritt gilt: Trotz Vertragsbruchs muss der offene Urlaub für das laufende letzte Arbeitsjahr bezahlt werden. Das gilt allerdings nur für die europarechtlich vorgesehenen vier Wochen – Urlaubsersatzleistung für die fünfte und sechste Woche gebührt nicht.

Unternehmen, die Crowdworker einsetzen, sollten die Verhandlungen über den Entwurf einer EU-Crowdwork-Richtlinie (COM/2021/762) verfolgen: Damit sollen die Arbeitsbedingungen von Plattformarbeit verbessert und Scheinselbstständigkeit bekämpft werden. Für Unternehmen delikates Kernstück: Unter bestimmten Voraussetzungen wird die Arbeitnehmereigenschaft vermutet, sodass die Beweislast für die Selbstständigkeit der Crowdworker beim Unternehmen liegt. Mit einem Inkrafttreten der Richtlinie oder gar ihrer nationalen Umsetzung ist 2023 allerdings noch nicht zu rechnen.

Um Pflegeberufe attraktiver zu machen und die damit verbundenen Entlastungen abzumildern, wurde erst Ende Dezember 2022 beschlossen, dass Pflegepersonal (Alter: 43+) eine zusätzliche Urlaubswoche erhält (§ 3a NSchG). Außerdem sollen alle Pflegekräfte, die in Pflegeheimen längere Nachtdienste leisten, dafür jeweils ein Zeitguthaben von zwei Stunden erhalten. Bis einschließlich 2026 kann die Entlastungswoche noch finanziell abgegolten werden, danach ist sie als bezahlte Freizeit zu gewähren. (Kristina Silberbauer, 3.1.2023)

https://www.derstandard.at/story/2000142066532/was-aendert-sich2023-im-arbeitsrecht