Nachdem zuerst das OLG Wien entschieden hatte, dass All-in-Gehälter bei Elternteilzeit nicht nur aliquot gekürzt, sondern auch die Überstunden herausgerechnet werden, hat sich nun der Oberste Gerichtshof (OGH) dazu geäußert – und folgt im Wesentlichen der Argumentation des OLG Wien (OGH 28.9.2022, 9 ObA 83/22d).

Anlass war der Fall eines Senior Director mit einem Jahresfixgehalt von über 200.000 Euro brutto. Dieses Gehalt beinhaltete laut Dienstvertrag 25 Überstunden pro Monat. Er trat seinen neuen Job als frischgebackener Vater eines Sohnes an und begehrte nach ziemlich genau drei Jahren Elternteilzeit: Seine Arbeitszeit sollte von 38,5 auf 37,5 Stunden reduziert werden (obwohl schon damals eine Reduktion von mindestens 20 Prozent gesetzlich vorgesehen war). Das Unternehmen kam dem Wunsch nach, bei entsprechender Reduktion von Gesamtgehalt und inkludierten Überstunden (aus 25 wurden 24,3). So weit, so gut.

Streichung der Überstundenabgeltung

Als aber der Arbeitnehmer – bei gleichbleibendem Gesamtentgelt inklusive einer Abgeltung von nur mehr 15 Überstunden – im Folgejahr zum „Director“ mit geringerer Verantwortung degradiert wurde, fing der Streit an: Er protestierte gegen die neue Position, trat sie aber an. Wenig später begehrte der nunmehr zweifache Vater erneut Elternteilzeit, mit Reduktion auf 30,8 Wochenstunden. Diesmal wurde sein Gehalt nicht nur der Arbeitszeitreduktion entsprechend gekürzt, sondern auch die Mehrarbeits- und Überstundenpauschale gestrichen – weil er keine Mehr- und Überstunden mehr schulde. Somit reduzierte sich sein Jahresgehalt auf etwas über 140.000 Euro brutto.

Das ließ sich der Director allerdings nicht gefallen und forderte die Differenz gerichtlich ein. Ein All-in-Gehalt könne anlässlich einer Elternteilzeit nicht gekürzt werden, eine Überstundenpauschale sei nicht vereinbart gewesen. Sein All-in-Gehalt darf seiner Meinung nach daher lediglich der Arbeitszeitreduktion entsprechend reduziert werden. Mit dieser Ansicht verlor er in allen Instanzen, und zwar deshalb, weil sein Gehalt keineswegs als All-in-Gehalt gewertet wurde.

Überstundenpauschale entfällt bei Elternteilzeit

Seit der Entscheidung 9 ObA 30/15z ist klar: Der Anspruch von Dienstnehmerinnen und Dienstnehmern auf eine vereinbarte Überstundenpauschale ruht während der Elternteilzeit (selbst wenn die Überstundenpauschale unwiderruflich vereinbart war). Das gilt auch für All-in-Gehälter, wenn die darin enthaltene Überstundenabgeltung bestimmbar ist (wodurch freilich gar kein „All-in-Gehalt“ mehr vorliegt). Nur wenn der Anteil des Gesamtentgelts, der der Überstundenabgeltung dienen soll, nicht ausgewiesen wird, geht das zulasten des Vertragsverfassers (also des Arbeitgebers oder der Arbeitgeberin). Dann kann in das Gesamtentgelt aus Anlass der Elternteilzeit nicht eingegriffen werden, von einer Kürzung analog zur Arbeitszeitreduktion abgesehen.

Rechnerische Abgrenzung entscheidet

Im Fall des Director war eine bestimmte Überstundenanzahl (zunächst 25, ab der Versetzung 15) als Teil des Gesamtgehalts vereinbart, somit durfte das Unternehmen laut OGH 15 Überstunden herausschälen und streichen.

Lohntransparenz schützt vor Strafen

Entgelttransparenz kann sich für Unternehmen bei Elternteilzeit somit lohnen, das ist aber nur ein Nebenschauplatz. Vor allem braucht es ein Splitting in Grundgehalt (für die Normalarbeitszeit) und Überzahlung, wenn man die Einhaltung kollektivvertraglicher Mindestgehälter im Rahmen der jährlichen Deckungsprüfung kontrollieren können will. Die macht man nicht aus Freude am Rechnen, sondern um sich gegen den Vorwurf von Lohn- und Sozialdumping und die Geschäftsführung gegen Verwaltungsstrafen abzusichern. Ganz abgesehen von der Pflicht nach § 2g AVRAG.

Notiz am Rande: Hier liegt ein Best Case für eine kurze Verfahrensdauer vor. Das Berufungsgericht benötigte nur zwei, der Oberste Gerichtshof nur drei Monate für die Entscheidung. (Kristina Silberbauer, 3.11.2022)

Kürzt Elternteilzeit das All-in-Gehalt? – Blog: Klartext Arbeitsrecht – derStandard.at › Recht